Das mittelalterliche Städtchen Rattenberg ist Heimat der Glasbläserei Kisslinger – jenem Familienbetrieb, in dem uraltes Handwerk mit innovativen Verfahren verschmilzt und so aus einem „glühenden Nichts“ ein „wunderbares Etwas entsteht. Mit viel Liebe und großer Kunstfertigkeit werden hier seit rund 400 Jahren Trinkgläser, Karaffen und andere gläserne Kunstwerke erzeugt.
Quarzsand, Flussmittel und einen Stabilisator – dieser drei Komponenten bedarf es, um aus staubigen Rohstoffen gläserne Kreationen werden zu lassen. Und „natürlich braucht es auch ein bissl Herzblut“, wie Hannes Kisslinger ergänzt. Er ist Chef des traditionsreichen Tiroler Glasunternehmens mit Sitz in Rattenberg – das nicht nur für seinen charmanten mittelalterlich-historischen Kern, sondern seit dem 17. Jahrhundert vor allem auch für das hier erzeugte und veredelte Glas bekannt ist.
Hannes empfängt uns im Verkaufsraum des Kisslinger Hauses und führt uns gleich weiter zum Zentrum des Geschehens – hinein in die grottengleichen Räumlichkeiten zum Schmelzofen. In dessen Inneren herrschen laut Temperaturanzeige 1200 Grad – jene Temperatur, die nötig ist, um Sand, Pottasche und Kalk zu Glas zu schmelzen. Die Abstrahlungswärme des Ofens ist enorm, kein Wunder, dass Neculaie bei der Arbeit auch mitten im Winter nur mit T-Shirt und kurzer Hose bekleidet ist. Seit vier Jahren ist der Glasbläser für Kisslinger tätig, geschickt manövriert er eine orange-rot-glühende Masse aus dem Ofen und setzt sie auf ein etwa eineinhalb Meter langes Stahlrohr - die sogenannte Glasmacherpfeife. Sie ist das wichtigste Instrument des Glasbläsers. Bedächtig führt er sie an die Lippen und bringt sie mit beiden Händen gekonnt in Rotation. Das Kölbl, wie die erste Luftblase genannt wird, bildet den Ausgangspunkt für sämtliche Produkte im Hause Kisslinger. „Das ist es, was mich am meisten fasziniert – diese Viskosität, wenn das Glas so rot glüht, dann schaut es fast schon magisch aus und bietet nahezu unendliche Möglichkeiten zur Formgebung“, erklärt Hannes Kisslinger und während er dies sagt, leuchten seine Augen wie das Feuer im Schmelzofen.